ADAGIO LARGO LARGHISSIMO / Aneta Panek

... slow and stately, broadly, very very slow

Langsamkeit, Entschleunigung, Trägheit, Lassitüde, und Verträumheit sind Themen dieses kinematographischen und musikalischen Experiments im Theaterraum. Projektionen von Darstellern, und von historischen Filmarchiven, werden begleitet durch elektronische Musik, Blockflöte, Theremin und Stimme, und aufgeführt live auf der Bühne.

Das Stück widmet sich einem Phänomen, das wir als Zeitlupe im Film kennen. Es ist inspiriert von den Anfängen des Kinos, sowie von der musikalischen Untersuchung von Tempi. Das Kino so wie wir es heute kennen bezieht sich auf mehrere alte Traditionen, wie Geschichtenerzählen und Geisterbeschwörung, oft unterstützt durch bewegte oder projizierte Bilder mithilfe von diversen Dispositiven: Camera Obscura, Laterna Magica, sowie die späteren multimedialen Phantasmagorien, welche mechanische Diapositive, Rückprojektion, mobile Projektoren, Doppelbelichtung, Überblendung, Live Performance, Rauch, Geruch, Töne, etc. in Anspruch nahmen. Es gibt eine lange Tradition von Geisterbeschwörungen und Visionen von Gespenstern, heraufbeschwört mithilfe von konkaven Spiegeln, Camera Obscura und anderen Dispositiven. Um 1790, wurde diese Praxis sehr populär und entwickelte sich in eine Art multimediale Geister-Spektakel, bekannt als Phantasmagorien. In seiner geisterhafter Bildsprache bezieht sich unser Stück ganz klar auf diese Tradition. Es verweist auch auf die ersten Versuche, die Bewegung einzufangen: durch stereoskopische Fotografie in den 1840er, die ersten Experimente mit der Momentaufnahme in den 1850er, Chrono-Fotografie, erfunden fast gleichzeitig durch Edward Muybridge in 1878 und Étienne Jules-Marey in 1882, und die ersten bewegten Bilder eingeführt durch die Gebrüder Lumière in 1895. In der Musik, besonders im Schaffen von so bedeutenden Nachkriegs-Komponisten wie Stockhausen, Pierre Schaeffer, und John Cage, wurden Tempo- und Zeit- Konventionen radikal in Frage gestellt. As Slow as Possible, ein Musikstück von John Cage aus dem Jahre 1987 könnte ein treffendes Beispiel hierfür sein. Es ist eine der längsten Aufführungen in der Geschichte; die 2001 begann und 2640 enden soll. Gespielt wird es auf einer extra dafür gebauten Orgel in der St. Burchardi Kirche in Halberstadt. In unserer musikalischen Untersuchung von Langsamkeit, nehmen wir uns Begriffe wie: Tempo, akusmatische Musik, Verschwinden der Töne, Aleatorik, und Stille vor und erkunden sie mittels elektroakustischer Musik, Blockflöte, Theremin und Stimme.

Leinwandperformer*innen Chomo, Elina, Aneta, Krystyna, Kostek, Takushi, Tabea und Paul Regie, Projektion und Gesang Aneta Panek Musik Katja Kettler Kostüm und Maske Misa Namura


Aneta Panek studierte Kunstgeschichte an der Universität Paris IV Sorbonne, sie setzte ihr Studium an der Freien Universität Berlin fort, wo sie Deutsche Literatur und Theaterwissenschaften studierte, dann am Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris, wo sie für das interdisziplinäre Forschungsprojekt Ownreality eine Zeit lang arbeitete, sowie an der Universität der Künste Berlin, wo sie zurzeit promoviert. Ihr besonderes Interesse gilt den künstlerischen Forschungsmethoden; der Notwendigkeit der Visualisierung und assoziativer Spekulation im Prozess der Formulierung von Theorien, sowie den neuen performativen Formaten des Wissens. Sie befasst sich mit der Beziehung zwischen Souveränität und Subversion, Lyrik und Rebellion, Schamanismus, Punk und Hexerei. Aus ihrer Arbeit mit Film, Musik, Performance und Theater, und ihrer Kooperationen mit namhaften Künstlern entstehen analytische Texte, Filme, szenische Opern, neue Dichtungen und Kompositionen. Sie kann auf eine Zusammenarbeit mit u.a. Robert Wilson, Barrie Kosky, Max Raabe, Simone Kermes, FM Einheit und Dieter Meier zurückschauen. Ihre Arbeiten wurden u.a. in New York, Ossaka, Tokyo, Seyðisfjörður (Island), London, Venedig und Berlin gezeigt. www.anetapanek.net


Katja Kettler ist eine Berliner Musikerin, die sich der elektronischen Musik, dem seltenen Instrument Theremin, der verzerrten Stimme sowie dem Sampling von Tönen und Geräuschen verschrieben hat. Sie arbeitet als Solokünstlerin, sie macht aber auch Musik für verschiedene Kunstprojekte und für Theaterproduktionen. Es ist bereits die dritte kreative Zusammenarbeit der beiden Künstlerinnen.


Aneta Panek nimmt mit ihrer Produktion an #share teil, einem digitalem Videoformat vom Acker Stadt Palast

In unserem experimentellen Format #share teilen Künstler*innen online ihren Arbeitsprozess im Acker Stadt Palast und treten zugleich mit ihrem Publikum vor der eigentlichen live-Performance in Kontakt. Entstanden ist dieses Format während des letzten lockdowns, als alle Spielstätten geschlossen, geplante Produktionen nicht live stattfinden konnten und der Kontakt zwischen Künstler*innen und Publikum neu organisiert werden musste.

Der Acker Stadt Palast entwickelt #share weiter und Künstler*innen geben zwei geplante Videoeinblicke in ihre Probenprozesse, die vor der stattfindenden live-Performance über die Kanäle des Acker Stadt Palasts veröffentlicht werden. Das Publikum, die Nutzer*innen von Facebook und instagram sind herzlich eingeladen, Feedback zu posten und erhalten auf diesem Weg die Möglichkeit, als Co-Regisseur*innen und Dramaturg*innen zu agieren, um so aktive Prozesse mitzugestalten.

#share ist ein digitales Experiment – für alle Beteiligten.

Gefördert durch Neustart - Bundesverband Soziokultur - Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa.